Einfachsein-ist – Altwerden

                                                                  
„Vanessa, bitte spreche vom Altwerden, denn das beschäftigt mich in der letzten Zeit sehr.“

Du meinst den Körper? – Okay. – Und hier ist ein Lächeln im Hinschauen: Da ist scheinbar ein Körper, der sich mit der Zeit, wie alles im Traum des Werdens, in der Lebendigkeit – vom Verstand besehen, scheinbar  verändert, doch ist es nicht eher ein Wandel? Denn es ist stets Dasselbe, das Eine, das sich so ausdrückt; so wie Frühling, Sommer, Herbst und Winter.  – Und  da ist Staunen, denn es gibt nur – unmittelbar – DIES hier – so Neu! Und das ist Alles was es gibt – da ist Niemand. – Denn die einzige Konstante ist Gewahrsein, ist Sein; in dem das Körper-Sein erscheint – und im Kopf, dies in Gedanken-Sein, – und das Beschäftigt-Sein mit Altwerden – erscheint auch. – Okay.

Wenn der Kopf sich mit dem beschäftigen will, was nicht oder nicht mehr möglich ist, übersieht er – was möglich ist. Doch genau da ist Freude: sich an dem wie ein staunendes Kind zu freuen, was grad möglich ist. Denn durch jeden Körper lebt das Leben sich selbst – mit allen Sinnen – spürbar, was stets in der puren Lebendigkeit gegenwärtig neu geschieht; das Leben spricht zu uns durch den Körper; es spielt ein Liebeslied der Freiheit ohne Bedeutung rein zufällig – und einzigartig.

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PS: heute wurde mir geschrieben, dass ich etwas vergessen hätte zu erwähnen, was vor etlichen Jahren (noch auf der Suche) scheinbar Vanessa mit 50 Jahren erlebte – in Puncto Altwerden. Danke für die Erinnerung. Nun denn, hier die Geschichte:

Während der tantrischen Ausbildung von Körper- und Energie- Arbeit, am Ende des dritten Ausbildungsjahres, geschah folgendes: Wir saßen alle nackt, etwa zu acht, in einem Kreis. Nun kam Vanessa dran – um in der Mitte zu stehen. Jeder im Kreis sagte dann zu dem Körper, was er an ihm schön fand. – Doch alles was sie sagten hatte für Vanessa einen Unterton.

Sie waren so jung und gaben sich große Mühe. Und in der Identifikation mit dem Körper, was so menschlich ist, entstand ein ungeheurer Schmerz, den Vanessa vor den, ach so jungen Menschen, nicht auszudrücken wagte. Denn es geschah ja scheinbar – ihr.-  Und in ihr schien der nicht ausgedrückte Schmerz eine Starrheit auszulösen. Sie fühlte sich wie eingemauert.

Nun, es war Hochsommer. Oben im Badezimmer standen die Fenster weit offen. Als sie auf die Toilette mußte, kam sie an einem Spiegel vorbei, der sie magisch anzog. Und als sie in ihn hinein sah, schien ein Wall zu brechen. Aus ihrem Mund schoss ein ohrenbetäubender, anhaltender Schrei. – Als der Schrei zu ende war, breitete sich in ihr eine sanfte Ruhe aus, die später auch allen auffiel. – Sie fühlte sich angenehm leer und gelassen – befreit von dem Schmerz all der Vorstellungen von verlorener Jugend, und der scheinbaren Wichtigkeit vom Anderen geliebt zu werden. (Was nicht die absolute Befreiung war)

Es war für sie dann auch okay, dass sie das Seminar der Ausbildung verlassen musste, weil sie nicht bereit gewesen war den Schmerz mit der Gruppe in einem geschützten Raum zu teilen. Doch es wurde gesehen, dass sie nicht anders konnte. – Und ohne es verstehen zu müssen, dieses Wie oder Warum. Da war ein Überfließen von Dankbarkeit für alles, was geschehen war, dass sie staunte – über diesen Schrei, der einfach geschehen war und ein unbegreifliches Gefühl von Befreiung mit sich brachte. – Doch in der absoluten Befreiung wurde gesehen, dass da Niemand ist, der befreit werden musste. –

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… ein anderer Text:  Was wird geboren